Kaum zu glauben: Aber ein Besuch in der Stadtbücherei kann das eigene Leben verändern! So ist es Emmi Kujanpää ergangen: Im Jahr 2000 war die junge Frau gerade frisch nach Helsinki gezogen und fühlte sich sehr einsam. Genau zu dieser Zeit lieh sie sich eine Musik-CD aus der öffentlichen Bücherei im StadtteilTöölö aus, und danach war in ihrem Leben nichts mehr so, wie es einmal war. Es handelte sich um ein Album des bulgarischen Trios Bulgarka. Bulgarka waren unter anderem bei den international bekannten „Mystère des Voix Bulgares“ aktiv. „Das Album hat mich sehr berührt. Die Erfahrung ging wirklich tief“, erinnert sich Emmi Kujanpää.
In diesem entscheidenden Moment begriff die Künstlerin zwei wichtige Dinge: Die einzige Musik, die sie in diesem Universum trösten kann, sind diese Lieder aus Bulgarien. Und sie will lernen, wie diese wunderbaren Frauen zu singen!
20 Jahre später steht fest: Emmi Kujanpää hat sich ihre Träume erfüllt! Die Musikerin hat nicht nur an der renommierten Sibelius-Akademie in Helsinki in der Abteilung für Folk-Musik studiert, sondern auch an der bulgarischen Akademie für Musik und Tanz in Plowdiw. Sie unterrichtet Gesang und Kantele-Spiel an der Sibelius-Akademie. In ihrer Heimat und darüber hinaus hat sich die Musikerin einen Namen als Folk- Sängerin, Kantele-Spielerin und ausgewiesene Spezialistin für finnische und bulgarische Volksmusik gemacht. Sie ist auch beim Ensemble Celenka aktiv.
In vielen Ländern weltweit ist der Gesang der bulgarischen Frauen stark mit dem Feminismus verbunden. Viele Frauen weltweit beurteilen den bulgarischen Gesangsstil als besonders kraftvoll. „Sie spüren, dass sie damit starke Emotionen wie Schmerz, Wut, tiefe Liebe und Traurigkeit ausdrücken können“, sagt Emmi Kujanpää.
Mit „Nani“ legt Emmi Kujanpää jetzt ihr erstes Soloalbum vor. Hier passt alles zusammen: Ihre ausdrucksstarke Stimme, ihr exquisites Kantele-Spiel und nicht zuletzt die unvergesslichen Stimmen des Akademie-Chores der Mystère Des Voix Bulgares. Beim Akademie-Chor singt die jüngere Generation der
bulgarischen „Wunder-Stimmen“. Geleitet wird der Chor von Dora Hristova. Emmi Kujanpää arbeitet seit 2017 mit dem Akademie-Chor zusammen. In diesem Jahr trat der Chor mit Kompositionen Kujanpääs in Sofia auf. Anlass waren die Feiern zum hundertsten Geburtstag der Republik Finnland in Bulgarien. Alle Kompositionen auf „Nani“ stammen von Kujanpää selbst. Sie hat auch einen Großteil der Lyrics geschrieben und ist künstlerische Produzentin des Albums.
Im Mittelpunkt von Emmi Kujanpääs Songs stehen die Erfahrungen von Frauen: Freude, Leid und Sehnsüchte, aber auch der versteckte Schmerz von „MeToo“-Erfahrungen. Im ausdrucksvollen Opener „Ogrejalo Slantse/Vuota Vuota“ weint eine junge Frau, weil sie keinen Bräutigam hat. Muss sie auch nicht: Sie hat bereits Blumen hinter dem Ohr stecken! Ganz klar: Frauen, hört auf zu jammern, denn ihr besitzt all die Schönheit um euch herum!
Im Titelstück „Nani“ wird die Muttergöttin kraftvoll angerufen. Gleichzeitig wird die Göttin aber auch kritisiert, weil sie ihre Kinder in deren Überlebenskampf alleine gelassen hat und ihre Stimmen nicht hört.
Im berührenden, hochemotionalen „Milenkale“ mit seiner expressiven Trompetenbegleitung geht es um Schwesterlichkeit, aber auch um die Gewalt, die das Leben aller Schwestern bedroht. Im reduzierten „Kuutar“ wird der Mondgöttin gehuldigt: Der Song erzählt eine mehr als hundert Jahre alte Geschichte, die sowohl in der finnischen als auch in der französischen Folklore existiert. Und aufgepasst: Das Lied ist laut Emmi Kujanpää eine Warnung in Metaphernform für Mädchen. „Sei nicht zu unvorsichtig, wenn du in den Feldern tagträumst. Denn deine Juwelen können gestohlen werden“. Der Klang der Juwelen wird
durch die Instrumentierung „hörbar“ gemacht.
Als Gastmusiker mit dabei sind hochkarätige Mitstreiter aus Finnland wie der Trompeter Jarkko Niemelä, der früher auch bei Folkrockern Alamaailman Vasarat aktiv war. Der musikalische Tausendsassa Eero Grundström, der bei den wilden Folk-Rebellen Suistamon Sähko mitmischt und auch bei Sväng mit im Boot
ist, spielt das Harmonium. Sauli Heikkilä steuert den Kehlkopf-Gesang bei.
Erscheinungsjahr: 2020
Katalognummer: NN135