Nordic Notes

Suistamon Sähkö

© Kim Saarinen

Wo liegt der wirklich wilde Osten? In Karelien natürlich! In dieser historischen finnischen Landschaft, die seit Ende des zweiten Weltkrieges zu weiten Teilen zu Russland gehört. Wer heute Abenteuer in einer der verlassensten Gegenden Europas erleben will, muss nur über die EU-Außengrenze wechseln. Man schaukelt über gefährliche Buckelpisten durchs russische Hinterland, wo viele ehemals karelische Dörfer heute dem Verfall preisgegeben sind. Ironischerweise erleichtert der „herabfallende Putz”, den Suistamon Sahkö auf ihrem zweiten Album „Etkot Pektopaa Ja Etnoteknoa” in einem Lied besingen, die Spurensuche nach dem Suistamo, einer Wiege der finnischen Volksmusik.

Suistamon Sähko, das Kollektiv um die wilde Akkordeonistin Anne-Marie Kivimäki, sprengt alle Vorstellungen traditioneller Folkmusik. „Folktronica-Rap”, „Ethno-Techno” oder „hypnotische Akkordeon-Trance-Musik” treffen den Stil der Band nur unzureichend. Denn auch in der Musik werden Grenzen überschritten! Zweiter Fixpunkt bei Suistamon Sähkö ist Multiinstrumentalist Eero Grundström, der verwegene elektronische Klänge beisteuert. In Finnland gelten Suistamon Sähkö mit ihrem aufregenden, genresprengenden Ansatz übrigens als die Zukunft der Folkmusik. “Im Grunde ist das Folkmusik aus dem nächsten Jahrhundert”, lobte „Nordische Musik“ das gefeierte Debütalbum von Suistamon Sähkö.

Mit „Etkot Pektopaa Ja Etnoteknoa” (grob übersetzt heißt das: Vorglühen in der russischen Kneipe und Ethno-Techno) geht der wilde Ritt der finnischen Grenzgänger weiter: Mit einer aufregenden Mischung aus neu arrangierten Klassikern aus dem Suistamo und aus Eigenkompositionen Kivimäkis. Radiostörgeräusche, finnische Cowboys, finnischer Schlager, Tanz- und Rauflieder und obskure Trauerhymnen feiern das Leben auf ungewöhnliche Weise. Suistamon Sähkö thematisieren aber nicht nur die das Schicksal des Suistamo, sondern auch die jüngere finnische Geschichte: Mit dem Track „Tampere 1919” erinnern sie an ein gerne verdrängtes Thema: den blutigen innerfinnischen Bürgerkrieg in Folge der politischen Wirren nach dem Ende des 1. Weltkrieges. Bei der Schlacht um Tampere, einer der Hochburgen der finnischen Arbeiterbewegung, kamen bei Kämpfen zwischen „roten“ und „weißen“ Truppen tausende Menschen ums Leben.

Suistamon Sahkö haben sich nach dem Suistamo benannt, einem karelischen Landstrich, der in der traditionellen Volksmusik des Landes eine bedeutende Rolle spielt und viele bekannte Sänger und Musiker hervorgebracht hat. Heute liegt das Suistamo in Russland. Die Akkordeonistin und Sängerin Anne-Mari Kivimäki hat sich im Rahmen eines multimedialen Projektes für ihre Doktorarbeit an der renommierten Sibelius-Akademie in Helsinki auf Spurensuche ins Suistamo begeben. Zu Suistamon Sähkö gehört auch der Multiinstrumentalist Eero Grundström, der bereits mit der großen finnischen Akkordeon-Lady Maria Kalaniemi gearbeitet hat. Grundström ist ein musikalischer Tausendsassa, der sich Meriten in so unterschiedlichen Bereichen wie Theater, Zirkus, Jazz und Rock erworben hat und als einer der besten experimentellen Harmonium-Spieler des Landes gilt. Die beiden anderen musikalischen Mitstreiter bei Suistamon Sähko sind die Tänzerin Reetta-Kaisa Iles, die mit Kivimäki bereits beim ebenfalls auf Nordic Notes vertretenen Folkprojekt Puhti zusammenarbeitet. Auch Tuomas Jutunen, der Vierte im Bunde, ist ausgebildeter Tänzer.

Discografie

  • Etkot, Pectopah ja Etnoteknoa

    Etkot, Pectopah ja Etnoteknoa

    Erscheinungsjahr: 2018

    Katalognummer: NN120

  • Suistamo Electricity

    Suistamo Electricity

    Erscheinungsjahr: 2016

    Katalognummer: NN080

  • Varokaa! Hengenvaara

    Varokaa! Hengenvaara

    Erscheinungsjahr: 2021

    Katalognummer: NN148

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